Unsere Vereinschronik
Stand 2002

Man schreibt das Jahr 1936:

Unwissend der Tatsache, dass man sich nur drei Jahre vor Ausbruch einer der größten Katastrophen der Menschheit befindet, wird in Kapellen zeitgleich mit der Gründung des Bürgerschützenvereins der Artilleriezug "Alte Kameraden" gegründet.
Im Geburtsjahr von Uwe Seeler beschließen am 27.12. in der Gaststätte "Zur Post" die Kameraden

Peter Ingenfeld, Heinrich Sartorius, Heinrich Breuer, Adam Schramm, Joseph Florack, Jean Müsch, Peter Esser, Hans Bierbaum und Franz Pfeiffer

eine Gemeinschaft zu gründen, die bis heute Bestand haben sollte.

Im fernen Spanien wird General Franco Staatschef und im heimischen Kapellen übernimmt Heinrich Sartorius als Rittmeister im Range eines Hauptmanns die Führung des Artilleriezuges. Als seinen Adjutanten bestimmt er Peter Ingenfeld. Der erste Geschäftsführer Hans Bierbaum wird schon nach kurzer Zeit auch als Geschäftsführer des Bürgerschützenvereins gewählt.

Wie ernst zu nehmend die Bemühungen des Artilleriezuges sind, einen wichtigen Beitrag zum Gemeinschaftsgefüge des heimatlichen Bürgerschützenvereins zu leisten, kann man daran erkennen, dass aus den Reihen des Zuges mit Heinrich Schiffer und Gattin Maria gleich das zweite Königspaar von Kapellen gestellt wird.

Erwähnenswert ist auch, dass die Formation des Artilleriezuges im historisch originalem Waffenrock mit zwei Geschützen an den Aufmärschen des Kapellener Schützenregimentes teilnimmt.

Die politische Situation eskaliert in den folgenden Jahren. Mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen und dem damit verbundenen Ausbruch des zweiten Weltkrieges kommen überall im Reich, so auch in Kapellen, fast alle Vereinsaktivitäten zum erliegen. Betroffen ist selbstverständlich auch der Artilleriezug.

Nach den unsagbaren Grausamkeiten finden die Kameraden des Artilleriezuges erstmals wieder im Jahr 1949 zusammen. Man beschließt, die von der Militärregierung erlassene Verordnung (Uniform- und Waffenverbot) zu akzeptieren und nimmt ohne Uniform und Geschütz am Schützenfest 1950 teil.

Erfreulich zu vermerken ist die Tatsache, dass mit Jean Müsch und Königin Lucie wiederum ein Schützenkönigspaar zu wichtiger Zeit aus den Reihen der Artillerie kommt. Wie enthusiastisch die Kameraden bei der Sache sind, wird deutlich als bereits im Jahre 57/58 mit Jakob Bresser und Gattin Christine erneut ein Artillerist die Königswürde erringt.

Bereits im folgendem Jahr (1951) wird das Uniform- und Waffenverbot teilweise wieder aufgehoben. Sofort nimmt das Zuges die Möglichkeit wahr, zur traditionellen preußischen Uniform zurückzukehren. Aufgrund einer Satzungsänderung des BSV im Sommer 1951 wird aus dem Artilleriezug in ein eigenständiges Korps, das Artillerie Korps "Alte Kameraden". Heinrich Sartorius übernimmt weiterhin die Führung des Korps, allerdings nun im Range eines Majores. Sein Adjudant Heinrich Breuer übernimmt von nun an die Funktion des Rittmeisters.

Während Ludwig Erhard die Grundlagen für einen politischen und wirtschaftlichen Neubeginn schafft, muss die Ernennung von Willi Billstein zum Nachfolger des im Kriege gefallenen Geschäftsführers Hans Bierbaum als wirklicher Glücksfall angesehen werden. Seine vorbildliche und makellose Arbeit im Interesse des Vereins findet erst im Jahre 1980 ein Ende, als Willi Billstein aus Altersgründen sein Amt niederlegt. Als Ehrenmitglied hat er sogar bis zum heutigen Tag in hohem Alter noch die Kraft und Zeit sich nach "seiner Ari" zu erkundigen.

Auch in den Jahren nach 1950 wird im Ort mit zwei Geschützen gefahren. Alle acht notwendigen Geschützpferde stellen Kapellener Landwirte zur Verfügung. Den berittenen Artilleristen werden Pferde aus Neuß zur Verfügung gestellt. Die zunehmende Motorisierung der Landwirte bringt allerdings das Problem der Unterversorgung von Zug- und Reitpferden mit sich.

Sehr konsequent zeigt sich das Artillerie Korps 1959, als nach einem Streit zwischen zwei Kameraden hingenommen werden muss, dass eine große Anzahl Artilleristen das Korps verlässt. Unbeirrt schreitet man den Weg kameradschaftlicher Gemeinsamkeit zum Wohle aller weiter. Kurzfristig wird beschlossen, zukünftig mit nur einem Geschütz an den Umzügen teilzunehmen.

Während 1960 der russische Staats- und Regierungschef Nikita Chruschtschows mit seinem Schuh auf das Rednerpult der UN klopft, versucht man im Artillerie Korps ähnlich energisch die Anschaffung eines Mannschaftswagens aus den Beständen der Polizei durchzusetzen. Vorausgegangen war die Erkenntnis, dass die Beschaffung von Pferden immer schwieriger und teurer wurde. Die Anschaffung dieses Mannschaftswagens übersteigt jedoch die finanziellen Möglichkeiten der Korpskasse. Sehr zur Freude der jüngeren Artilleristen, die sich energisch für die Beibehaltung der Pferde einsetzten, wird weiterhin geritten. Schon damals wird die Pflicht eingeführt, dass Reitstunden vor Beginn des Schützenfestes abgeleistet werden müssen.

Viele Vorstellungen der Artilleriekameraden werden im Jahr 1960 umgesetzt, so auch der Beschluss des Jahres 1959, ein eigenes Geschütz zu bauen. Große Verdienste beim Bau des Geschützes erwarben sich Meister Schunk von der Firma Finger in Kapellen sowie unser späterer Hauptwachtmeister Werner Holzhüter. Mit feierlichem Zeremoniell wird das Geschütz zum Vogelschuss 1960 auf den Namen Barbara getauft.
Für die in den Kriegsjahren abhanden gekommene Standarte wird im Kloster Kreitz nach Vorlagen eine Neue angefertigt. Den dazugehörigen Wimpel sowie der Stammtischwimpel wird später von den Damen beziehungsweise den jungen Kameraden gestiftet.

Juri Gagarin, der erste Mensch im Weltraum
Franz Pfeiffer, erster Korpskönig der Artillerie

Unterschiedliche Szenarien der Weltgeschichte prägen das Jahr 1961. Bis zum heutigen Tag hält das Artillerie Korps jährlich ein Vogelschießen ab und gibt seinem Vereinsleben einen gesellschaftlichen Höhepunkt, der allen lieb geworden ist.

Aber nicht nur frohe Stunden wird den Kameraden in diesem Jahr zuteil. Hatte man sich seit der Gründung des Korps an das Hauptquartier bei Sartorius auf der Neusser Straße gewöhnt, so schlug die Nachricht vom Tode unseres Majors Heinrich Sartorius wie ein Blitz ein. Unter großer Anteilnahme der Kameraden und aller Schützen trägt man den Mann zu Grabe, der wie kaum ein anderer durch Entscheidungskraft und Großzügigkeit das Korps geprägt hat.

Großer Dank gebührt seinem damaligen Adjutanten Theodor Holz, der sofort für die Dauer von sieben Jahren in die schmerzlich gerissene Bresche springt und den Majorsposten übernimmt.

1964 sorgen verschärfte Bedingungen des TÜV bezüglich der Sicherheit an Geschützen dafür, dass das Korps einen Schießmeister zu benennen hat. Die Kameraden Werner Holzhüter und Heinz Neuheuser werden nach bestandenem Lehrgang zu den ersten Schießmeistern des Vereins ernannt. 20 Jahre später werden dem inzwischen einzigen Schießmeister Werner Holzhüter noch Peter Dominick und Karl-Peter Gilles zur Seite gestellt.
Die Herausforderungen werden nicht gemindert durch die Tatsache, dass das Amt für Beschusswesen eine regelmäßige technische Abnahme des Geschützes vorschreibt, um die sich seither die Schießmeister anstandslos kümmern.

Die olympischen Spiele 1968 in Mexiko bescheren der Welt eine sportliche Sensation:
Der amerikanische Weitspringer Bob Beamon springt unglaubliche 8.90m. Im Artillerie Korps schafft der Kamerad Alfons Sartorius den großen Sprung zum Major und tritt somit in die Fußstapfen seines Vaters.
Unter seiner Führung beginnt im Jahre 1969 die Zusammenarbeit mit dem Reitstall Peter Esser in Stessen. Eine Verbindung, die bis heute Garant dafür ist, dass von den Kameraden vorzügliche Reitleistungen erbracht werden. Peter Esser, der von den Kameraden liebevoll "Opa" genannt wird, hat sich in seiner eigenen Art um das Korps verdient gemacht.

1971 bekommt Deutschland einen neuen Finanzminister. Karl Schiller wird Superminister für Wirtschaft und Finanzen.
Ebenfalls eine "super" Anstrengung unternehmen die Artilleristen im gleichen Jahr und beschließen einen tiefen Griff ins Vereinsvermögen. Mit der Anschaffung von Waffenröcken, Helmen, Koppelzeug und Degen legt sich das Korps erstmalig eine eigene Bekleidungs- und Waffenkammer zu.

Unvergessliches ereignet sich 1986. In die Vorbereitungen zum 50-jährigen Jubiläum des Bürgerschützenvereins und des Artillerie Korps Kapellen mischen sich die Nachrichten über die Katastrophe in einem Kernkraftwerk im russischen Tschernobyl. Ungeahnt der Folgen, die zu diesem Zeitpunkt nicht abzusehen sind, erlebt das Korps eines seiner glanzvollsten Schützenfeste. Unter den Klängen einer kompletten Musikformation zieht das Artillerie Korps mit einem Gespann, bestehend aus sechs Kaltblutpferden, und drei weiteren Geschützen der befreundeten Artilleriezüge aus Büderich, Hoisten und Orken zur Parade auf.

Das in diesem Jahr stattfindende öffentliche Jubiläumsbarbarafest wird für das Korps zu einem grandiosen Fest, an das sich alle gerne zurückerinnern. Zeigt es doch deutlich, dass Hans Stübben, der Nachfolger der verdienten Geschäftsführer Willi Billstein und Walter Jägerbauer (80-86), sicher in die großen Fußstapfen treten kann. Bis zum heutigen Tage bekleidet er diesen Posten mit unbegrenzter Hingabe und bewundernswerten Selbstlosigkeit. Seine Liebe zu den Pferden garantiert uns bis heute makelloses Auftreten und den fachgerechten Umgang mit des Artilleristen wichtigstem Freund.

Das Jahr 1993 beschert Europa zwei neue Könige. Prinz Albert von Lüttich wird König von Belgien und der Kanonier Paul Grotmann und Gattin Doris werden das Regentenpaar von Kapellen. Für den Ort und das Artillerie Korps ein grandioses Ereignis, das sich würdevoll in die Tradition ehemaliger Bürgerschützenverein-Könige aus den Reihen der Ari einreiht.

Während Bundeskanzler Helmut Kohl 1996 bereits 14 Jahre im Amt ist, schaffen es Werner Holzhüter, Peter Dominick, Heinz Gilles und Karl-Heinz Schmitz in der Hälfte der Amtszeit des Kanzlers eine funktional und optisch grandiose Feldhaubitze zu erbauen. Nicht unerwähnt sei hier, dass es Paula Busch in einer einzigartigen Weise schafft, den Kameraden zum 60 jährigen Jubiläum eine eigenhändig genähte neue Standarte zu überreichen.

Nichts ist stetiger als der Wechsel. 1998 erklärt Artilleriemajor Alfons Sartorius, dass er nach 30 Jahren Amtszeit aus gesundheitlichen Gründen für diesen Posten nicht mehr zur Verfügung steht. Einstimmig wählt das Korps den bisherigen Adjutanten Hubert Galles zum neuen Major. Alfons Sartorius wird unter dem Beifall seiner Kameraden zum Ehrenmajor gewählt. Es ist gut zu wissen, dass ein Mann vom Kaliber eines Alfons Sartorius mit all seinen Verdiensten und all seiner Erfahrung dem Korps auch weiterhin zur Verfügung steht.

Bittere Stunden erleben die Kameraden kurz vor Schützenfest des Jahres 2002. Werner Holzhüter, der geniale Geschützbauer, ehemaliger Hauptwachtmeister und treuer Kamerad, verstirbt plötzlich und für alle unerwartet. Unter dem Geschützdonner seiner selbst erbauten "Barbara" wird er seinem letzten Wunsch gemäß in voller Uniform und in Begleitung seiner Kameraden zu Grabe getragen. Nicht nur die Artilleristen sondern viele Schützen werden dieses "Original" sehr vermissen.

So schmerzlich dieser Verlust auch ist, so schnell wird den Kameraden bewusst, dass auch Jüngere im Korps Aufgaben übernehmen müssen. Es wächst aber auch die Erkenntnis, dass ohne das weitergeben von Wissen und Erfahrung keine neue Epoche begonnen werden kann. Und hier sei besonders der langjährige Adjutant und Rittmeister Felix Holz erwähnt, der immer dann ins Spiel kommt, wenn es darum geht weitsichtig die Jugend mit Informationen und Ratschlägen zu versorgen. So ist gewährleistet, dass durch die Harmonie von Jungen und Alten dieses traditionsreiche Korps nach vorne blicken kann.

Die Chronisten stellen fest, dass in diesem Korps Tradition, Menschlichkeit und Liebe zur Heimat unerschütterlich verwurzelt sind. Sie stellen ebenfalls fest, dass Generationenprobleme nicht sein müssen, weil sie in dieser Gemeinschaft durch Toleranz gelöst werden.
Es sollte unser aller Wunsch sein, dass dieses stolze Korps in all seiner Pracht mit Ross und Reitern, mit Geschütz und Kanonieren all jene Stürme überstehen möge, denen es auch in der Vergangenheit widerstanden hat.

Deshalb gilt mehr denn je unser Motto:

Ans Zugtau zu gleich!

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Artillerie Korps "Alte Kameraden"